Ob künstlerisch herausragende Comics in Schabkartontechnik oder die als intellektuellere Comic-Variante geltenden Graphic Novels, deren narrative Komplexität in der Regel über die klassischer Comichefte hinausgeht, – die drei hier vorgestellten Bücher erzählen auf unterschiedliche Art in gezeichneten Bildern variierende Geschichten von Mord und Totschlag, Gewalt und Verbrechen.
1) Peer Meter & Barbara Yelin: Gift
In dieser atmosphärischen und überlegt komponierten Graphic Novel erzählen Peer Meter und seine Illustratorin Barbara Yelin die Geschichte der Giftmörderin Gesche Gottfried aus dem 19. Jahrhundert, die ihren Tod in der letzten öffentlichen Hinrichtung der Hansestadt Bremen fand. Mit 43 Jahren gestand Gesche Margarethe Gottfried 1828, in den Jahren 1813-1827 nicht weniger als 15 Menschen vergiftet zu haben, darunter ihre Eltern, Ehemänner und Kinder, und daneben mindestens 19 Menschen eine nicht tödliche Dosis Gift verabreicht zu haben.
Mit viel Gefühl fängt der 2010 erschienene Comicroman “Gift” den Geist der von Männern beherrschten Welt des Bremens um 1830 ein und erzählt in künstlerisch gestalteten und mit dickem Bleistift gezeichneten Bildern vom Schicksal der zu traurigem Ruhm gelangten Giftmörderin. Dabei transportieren die einzelnen Bilder perfekt die jeweiligen Stimmungen und Gefühle und werden so zu vielen kleinen Kunstwerken für sich.
Jetzt reinschauen: Blick ins Buch
2) Peer Meter & Isabel Kreitz: Haarmann
Auch von Peer Meter erzählt, jedoch von Isabel Kreitz illustriert, geht es in Haarmann ebenfalls um die historisch belegte Geschichte eines Mörders. Nachdem er sein erstes Opfer bereits 1918 getötet hatte, vergewaltigte und ermordete der Serienmörder Fritz Haarmann in den Jahren 1923 und 1924 in nur 16 Monaten insgesamt 24 junge Männer in Hannover. Jedes Mal lockte er seine Opfer unter der Vorspiegelung, er sei ein ermittelnder „Kriminal“, in ihr Verderben – der Polizeiausweis, den die hannoversche Polizei ihm während einer Tätigkeit als Spitzel ausgestellt hatte, leistete ihm dabei treue Dienste. Die Leichen der Ermordeten zerlegte er in einzelne Teile und ließ Knochen und Schädel in der Leine, Innereien und blutdurchtränkte Lappen in den Klosetts verschwinden. Was mit dem Fleisch seiner Opfer geschah, konnte nie abschließend geklärt werden. Man munkelte jedoch, er habe es billig an die Bewohner Hannovers verkauft, die es dann verspeisten. Trotz diverser Vermisstenanzeigen, Nachforschungen von Angehörigen der Opfer und Anzeigen aus der Nachbarschaft wurde die Polizei bis zum Juni 1924 nicht tätig.
So wie Barbara Yelins weiche Zeichnungen in „Gift“ gut zu der im 19. Jahrhundert situierten Geschichte passen, treffen auch Isabel Kreitz‘ vollkommen anders wirkende Bleistiftzeichnungen die Atmosphäre der 1920er Jahre auf den Punkt. Wesentlich härter und präziser, erscheinen sie geradezu minutiös-realistisch und doch atmosphärisch dicht. Ebenfalls gelungen ist die Darstellung des berüchtigten Fritz Haarmann mit seinem sonderbaren Dialekt und dem schmierigen Äußeren.
Hier geht’s zum Haarmann-Trailer
3) Thomas Ott: R.I.P. Best of 1985-2004
Thomas Ott gilt als eine der Größen in der Comicwelt. Und das völlig zu recht. Denn mit seinen wortlosen, aber beeindruckend ausdrucksstarken Bildern, die er mit einem Cutter oder Skalpell in schwarz beschichteten Schabkarton ritzt, schafft er ganz große Kunst. Düster sind seine Werke, grausig und makaber. Und immer wieder auch gespickt mit einer Prise schwarzem Humor. Der ungewohnt hohe Schwarzanteil und die in scharfem Kontrast stehenden weißen Linien und eingekratzten Schraffuren, die die Schabkartontechnik mit sich bringt, machen seine Arbeiten zu etwas wirklich Besonderem.
Erstmals in einem Band versammelt sind hier Otts episodenhafte Kurzgeschichten von Mord, Verbrechen und Gewalt, von Liebe, Tod und Hoffnung. Es sind Geschichten, die um menschliche Abgründe kreisen, meisterhaft erzählt. Und konsequent verweigert sich Ott dabei dem geschriebenen Wort. Gerade das etabliert die seinen Comics eigene Stimmung und verstärkt den Effekt, den die in ihrer Ästhetik überragenden Bilder erzielen.
Jetzt reinschauen: Blick ins Buch
Jetzt in weiteren Graphic Novels stöbern.